Geschäfts- und Wohnraummiete - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

23. November 2010

Junge Kunst Mietrecht

Geschäfts- und Wohnraummiete

In der letzten Ausgabe der "JungeKunst" wurde über Galerien in Berlin-Mitte berichtet. Die Anzahl der dortigen Galerien ist beachtlich, die finanzielle Situation für einige schwierig. So mag es nicht verwundern, daß Galeristen versuchen Kosten zu sparen, indem sie in Räumen der Galerie wohnen. Solange eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen wurde, ist das grundsätzlich unbedenklich. Problematisch wird es lediglich dann, wenn dies ohne Kenntnis des Vermieters geschieht. Gleiches kann übrigens auch für Künstlerinnen und Künstler gelten, welche eine Wohnung zu einem Atelier umfunktionieren, wobei es u.a. auf den Umfang der Tätigkeit und die Beeinträchtigung anderer Mieter ankommt.

Vertragsformen

Ob und inwieweit die jeweiligen Räumlichkeiten genutzt werden können, ist dem Mietvertrag zu entnehmen. Dieser ist zumeist als Geschäfts- oder Wohnraummietvertrag gestaltet. Denkbar ist aber auch ein Mietvertrag für ein sogenanntes Mischmietverhältnis, das eine Zwischenform aus beiden Vertragsformen darstellt und damit das Wohnen z.B. in Räumen einer Galerie ermöglichen kann.

Der Geschäftsraummietvertrag zeichnet sich dadurch aus, daß der Zweck des Vertrages sich auf die Ausübung einer geschäftlichen, d.h. gewerblichen bzw. freiberuflichen Tätigkeit beschränkt. Der Betrieb z.B. einer Galerie entspricht dabei ebenso einer solchen Tätigkeit wie die Anmietung von Räumen ausschließlich als Atelier. Die Nutzung des Geschäftsraumes zu Wohnzwecken ist bei einem reinen Geschäftsraummietvertrag ausgeschlossen.

Wie der Name bereits vermuten läßt, dient die Wohnraummiete demgegenüber zur Schaffung eines Lebensmittelpunktes in Form einer dauernden privaten Nutzung, d.h. insbesondere dem Schlafen, Essen und Kochen.

Die sogenannten Mischmietverhältnisse stellen Mietverhältnisse dar, welche auf einem einheitlichen Mietvertrag beruhen, sich aber auf ein Mietobjekt beziehen, für das unterschiedliche mietrechtliche Regelungen gelten können. Es kommt darauf an, ob der Vertragszweck in erster Linie im eigenen Wohnen der Mieterin bzw. des Mieters oder in der gewerblichen Nutzung liegt. Ist die gewerblich genutzte Fläche und die dafür gezahlte Miete gegenüber den restlichen Wohnräumen um ein Vielfaches höher und wurde im Mietvertrag nichts anderes vereinbart, ist die Anwendung des Wohnraummietrechts ausgeschlossen. Werden beide Bereiche gleichwertig behandelt, gelten die Mieterschutzvorschriften.

Rechtlich unterscheidet sich die Wohn- und Geschäftsraummiete u.a. in folgendem:

– Für Geschäftsräume gilt eine halbjährige Kündigungsfrist. Wohnräume unterliegen einer dreimonatigen Frist, die sich aber mit der Zeit erhöht.

– Geschäftsräumen kann mündlich gekündigt werden. Allein bei Wohnräumen muß die Kündigung schriftlich erfolgen.

– Das Geschäftsraummietverhältnis kann anders als bei der Wohnraummiete ohne Angabe von Gründen beendet werden. Der soziale Kündigungsschutz greift nicht.

– Für Geschäftsräume gibt es grundsätzlich keine Mietpreisbindung

Zweckentfremdung

Wird Wohnraum zur Einrichtung eines Gewerbebetriebes angemietet, so gilt Geschäftsraummietrecht. Auf die Bezeichnung des Mietvertrages kommt es nicht an. Ob aber überhaupt Wohn- in Gewerberaum umgewandelt werden darf, muß zuvor festgestellt werden. Eine solche Zweckentfremdung ist grundsätzlich erlaubnisbedürftig. Ein Antrag ist bei der zuständigen Behörde zu stellen.

In Berlin liegt bereits eine Zweckentfremdung vor, wenn nur einzelne Räume oder Wohnungsteile anders als zu Wohnzwecken verwendet werden. Es kommt hier aber u.a. auf den Umfang an: eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn ca. 50 % des Mietobjekts als Wohnfläche vorhanden bleibt und dieser Bereich weiterhin den ausschließlichen Wohnsitz der Wohnungsinhaberin bzw. des Wohnungsinhabers darstellt.

Wird der zuständigen Behörde (in Hamburg und Berlin die Einwohnerämter der Bezirksämter) eine offensichtliche Zweckentfremdung bekannt, werden zunächst u.a. die tatsächlich nutzenden Personen festgestellt. Stellt sich heraus daß keine behördliche Genehmigung vorliegt wird geprüft, ob eine nachträgliche Genehmigung erteilt werden kann. Dabei ist zu beachten, daß eine solche Genehmigung immer nur eine Ausnahme darstellt. Ist das nicht möglich, werden Verfügungen erlassen, welche die zweckfremde Nutzung beseitigen und den Wohnraum seinem eigentlichen Zweck zuführen. Die Anordnung eines Bußgeldes ist dabei begleitend möglich. Wird eine Genehmigung erteilt, können für den Verlust von Wohnraum Ausgleichszahlungen erhoben werden, welche sich nach der Quadratmeteranzahl richten.

Geschäftsräume können demgegenüber genehmigungsfrei in Wohnungen umgewandelt werden, da sich der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen auf den Erhalt von Wohnraum bezieht.

Vertragsgestaltung

Grundsätzlich ist zu beachten, daß Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr schriftlich erfolgen müssen. Liegt ein schriftlicher Vertrag vor, muß dieser von allen Mietparteien unterzeichnet werden. Sinnvoll ist es, die vertraglichen Regelungen dabei beidseitig zu kopieren. Mindestens müssen Vereinbarungen über das Mietobjekt nebst sämtlicher mitvermieteter Räume, der Mietparteien, des Mietzinses und -dauer getroffen werden. Ob, wer und in welcher Höhe die Nebenkosten, Schönheitsreparaturen, Instandhaltungskosten und Kaution (…) zu tragen hat/sind, kann unter Umständen frei vereinbart werden.

Der Gestaltung des Geschäftsraummietvertrages kommt besondere Bedeutung zu. Daher sollte auch vor Abschluß eines solchen Vertrages juristischer Rat eingeholt werden. Die im Einzelhandel erhältlichen Vertragsformulare erfüllen oftmals die gestellten Anforderungen nicht und beziehen die Besonderheiten des Einzelfalles nicht ein.

Wurde ein schlichter Wohnraummietvertrag abgeschlossen, so dürfen die Räume im Prinzip nicht gewerblich genutzt werden. Es kommt aber darauf an, ob z.B. die Vermieterin bzw. der Vermieter einer gewerblichen Nutzung zugestimmt hat, welche Bedingungen im Mietvertrag vereinbart wurden und ob seitens der zuständigen Behörden Einwände bestehen. Eine Erlaubnis des Vermieters ist nicht notwendig, wenn z.B. abends oder am Wochenende Büroarbeiten erledigt werden oder eine Tätigkeit als Malerin bzw. Maler ausgeübt wird. Auch die Erteilung von Unterricht ist unbedenklich. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mietvertrag ein Verbot zur gewerblichen Nutzung vorbehaltlich einer Erlaubnis enthält. In diesem Fall hat die Mieterin bzw. der Mieter einen Anspruch auf Erlaubnis, wenn weder eine Belästigung Dritter zu befürchten ist, die Beschaffenheit der Wohnung nicht verändert bzw. die Mietsache nicht beschädigt wird.

Ist jedoch in diesem Zusammenhang mit dem Erscheinen vieler Besucher zu rechnen bzw. werden die Nachbarn erheblich in Mitleidenschaft gezogen, kann die Vermieterin bzw. der Vermieter die Tätigkeit untersagen bzw. unter Umständen einen Zuschlag zur Miete verlangen. Abmahnung und Kündigung.

Erlangt die Vermieterin bzw. der Vermieter darüber Kenntnis, daß die Mieterin bzw. der Mieter das Mietobjekt nicht in der vertraglich vorgesehenen Weise nutzt, kann zunächst ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden. Denkbar ist aber auch eine fristlose Kündigung, wenn der vertragswidrige Gebrauch auch nach einer Abmahnung fortgesetzt wird. Der Abmahnung kommt dabei erhebliche Bedeutung zu. Darin muß zunächst der eigentliche Zweck des Mietverhältnisses klargestellt und der – zumindest so wie es der Vermieterin bzw. dem Vermieter erscheint – tatsächlichen Nutzung gegenübergestellt werden. Weiterhin ist erforderlich, daß die Mieterin bzw. der Mieter innerhalb einer bestimmten Frist aufgefordert wird, diese Tätigkeit zu unterlassen. Unter bestimmten Umständen kann die Vermieterin bzw. der Vermieter auch ganz auf eine Abmahnung verzichten.

Wie bereits erwähnt, ist eine schriftliche Kündigung nur für den Fall notwendig, daß ein Mietverhältnis über Wohnraum besteht. Wenn nun zwar der Mietvertrag zu Wohnzwecken geschlossen wurde, die Wohnung aber überwiegend gewerblich genutzt wird, entfällt das Formerfordernis dennoch. Die anzuwendenden mietrechlichen Regelungen bestimmen sich nämlich letztlich nach der tatsächlichen Nutzung des Mietobjekts, was durch eine nachträgliche Beurteilung erfolgt. Gerade dies kann besondere Probleme hervorrufen, wenn z.B. im Streit eine Kündigung erteilt wird. Mangels Formerfordernis wäre diese (wenn die Voraussetzungen vorliegen) wirksam.

Ergebnis

Wer Wohn- als Gewerberaum und umgekehrt nutzt, ohne daß darüber Regelungen getroffen wurden, setzt sich vermeidbaren Schwierigkeiten aus. Bereits im Vorwege lassen sich Vereinbarungen über eine Nutzungsänderung – vorbehaltlich etwaiger behördlicher Genehmigungen – treffen. Unter Umständen ist aber dann mit einem erhöhten Mietzins zu rechnen. Je nach Wohnort sind die zuständigen Behörden mittlerweile eher zur Umwandlung von Wohn- in Gewerberaum bereit. Dies orientiert sich aber immer an dem Bedarf von Wohnungen, ist also Veränderungen unterworfen. Eine teilweise gewerbliche Nutzung von Wohnräumen ist erlaubt, sofern das Gepräge des Mietverhältnisses als Wohnraummietverhältnis und sein Zweck bestehen bleibt. Neben der für diese Tätigkeit tatsächlich in Anspruch genommene Wohnraumfläche beurteilt sich die Rechtmäßigkeit auch danach, ob Mitmieter in irgendeiner Weise beeinträchtigt werden. Unter Umständen kann die Mieterin bzw. der Mieter auch einen Anspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis zu dieser Tätigkeit geltend machen.

Die von Vermieterinnen und Vermietern verwandten standardisierten Mietverträge werden den Erfordernissen der Mieterin bzw. des Mieters oftmals nicht gerecht. Wie immer in solchen Fällen sollte der Mietvertrag nicht blind unterschrieben werden. Eine fachkundige Überprüfung kann sinnvoll sein und vor unliebsamen Überraschungen bewahren.

Rechtsanwalt Carsten M. Herrle, Kiel