Abmahnung der Kanzlei Schroeder im Auftrag des VSGE wegen der Verwendung urheberrechtlich geschützter Lichtbilder - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

15. Juli 2015

Urheber- und Internetrecht Abmahnung

Abmahnung der Kanzlei Schroeder im Auftrag des VSGE wegen der Verwendung urheberrechtlich geschützter Lichtbilder

Abmahnung der Kanzlei Schroeder im Auftrag des VSGE wegen der Verwendung urheberrechtlich geschützter Lichtbilder
Uns erreicht eine Abmahnung der
Kanzlei Schroeder aus Kiel
im Auftrag des
VSGE (Verband zum Schutz geistigen Eigentums im Internet)
wegen der Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Lichtbilds in einer eBay-Auktion
Der Kieler Rechtsanwalt Lutz Schroeder mahnt zur Zeit im Auftrag der VSGE wegen der Nutzung urheberrechtlich geschützter Lichtbilder in Online-Verkaufsangeboten ab. Die VSGE tritt hierbei nicht als Inhaber des Urheberrechts an den Lichtbildern auf, sondern macht die vermeintlichen Ansprüche aus abgetretenem Recht geltend. Als Inhaber des Urheberrechts an den Lichtbildern wird Markus Kelzenberg (Kelzenberg Onlinehandel) genannt.
Vor einiger Zeit wurden bereits Abmahnungen in Ähnlicher Konstellation versandt. Damals mahnte die Kanzlei Schroeder im Auftrag der LoogBerry GmbH wegen der Nutzung von Lichtbildern ab, an denen Herr Kelzenberg die Urheberrechte besaß.
Sowohl der Geschäftsführer der LoogBerry GmbH, als auch der Vorstandsvorsitzende des VSGE ist ein und dieselbe Person. Viel hat sich also nicht geändert.
Was wird gefordert?
Die Kanzlei Schroeder fordert neben der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auch die Zahlung eines Schadensersatzes für die unerlaubte Verwendung eines vermeintlich gemäß § 72 UrhG urheberrechtlich geschützten Lichtbildwerkes in Höhe von 160,50 € (Lizenzschaden) sowie die Abgeltung der durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten (1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 3.000,- €) in Höhe von 265,70 €.
Es wird das Angebot unterbreitet, dass gegen Abgabe der strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie die Zahlung eines Betrages in Höhe von 250,- € die Angelegenheit als erledigt betrachtet würde. Erfolgt keine Zahlung innerhalb der gesetzten Frist, werde der gesamte Lizenzschaden nebst den Anwaltskosten in voller Höhe gerichtlich geltend gemacht.
Bevor eine Erklärung abgegeben oder eine Zahlung vorgenommen wird, sollte unbedingt geprüft werden ob überhaupt eine Verpflichtung besteht.
Höhe des Lizenzschadens
Die Kanzlei Schröder beziffert den Lizenzschaden für die Nutzung eines Lichtbildes in einer eBay-Auktion eines privaten Verkäufers auf 160,50 € und orientiert sich hierbei an den Bildhonoraren der Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing (MFM) als Berechnungsgrundlage.
Der Berechnung liegt eine Lizenzgebühr je angefangener Woche in Höhe von 60,- € zugrunde, zuzüglich eines Aufschlags in Höhe von 50% für die Verwendung des Lichtbildes zu Werbezwecken, eines Aufschlags in Höhe von 100% für die fehlende Urhebernennung bei der Nutzung sowie 7% Umsatzsteuer.
Sollte ein Anspruch der VSGE bestehen, dann ist zumindest zu bezweifeln, dass er in der von der Kanzlei Schroeder errechneten Höhe besteht, sofern der Anspruch gegen Privatverkäufer wegen der Nutzung von simplen Produktfotografien geltend gemacht wird.
Zur Heranziehung der MFM-Empfehlungen bei der Berechnung von Schadensersatzforderungen in vergleichbaren Fällen hat beispielsweise das Brandenburgische Oberlandesgericht in einer Entscheidung vom 03.02.2009 ausgeführt:
„Als angemessen gilt eine Lizenzgebühr, die bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte. Die zu zahlende Lizenz entspricht damit der angemessenen Vergütung nach § 32 UrhG. Für die unberechtigte Nutzung von Lichtbildern können regelmäßig die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing als Ausgangspunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO herangezogen werden. Bei den MFM- Honorarempfehlungen handelt es sich um eine anerkannte, nach einem empirischen System objektiv ermittelte Marktübersicht.
Allerdings können die MFM-Tarife nicht schematisch angewandt werden, vielmehr sind bei der Bestimmung der Höhe des Schadensersatzes stets sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere können die Mindesttarife unangemessen hoch sein,
wenn die Nutzungsintensität deutlich unterhalb der Tarifgrenze des an sich einschlägigen Tarifs liegt. Für die vorliegend gegebene Nutzung eines zu gewerblichen Zwecken hergestellten Fotos für einen einmaligen Privatverkauf im Internet existieren allerdings
keine MFM-Tarife. Die MFM-Bildhonorare enthalten Empfehlungen für werbliche und redaktionelle Nutzungen. Sie unterscheiden damit zwar zwischen verschiedenen Nutzergruppen. Honorarempfehlungen für private Nutzer fehlen jedoch.
(…) Wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, erachtet er einen Betrag von 20,00 € im Hinblick auf die beabsichtigte Nutzung und auf den erzielbaren Preis für den gebrauchten GPS-Empfängers als die angemessene Lizenzgebühr.“ (OLG Brandenburg, Urteil vom 03.02.2009, Az.: 6 U 58/08)
In einer relativ aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 13.04.2014 heißt es weiter:
„Die MFM-Empfehlungen gehen auf Befragungen von Bildagenturen, Fotografen und Bildjournalisten zurück. Ziel der Erhebung ist es, eine Marktgerechte Übersicht der Vergütungsverhältnisse von Bildnutzungsrechten wiederzugeben. Die MFM-Empfehlungen beruhen also auf den Erfahrungswerten professioneller Marktteilnehmer (vgl. insoweit auch LG Düsseldorf, Urt. v. 24.10.2012, 23 S 66/12, juris, Rn. 11, MMR 2013, 264 = ZUM-RD 2013, 204). Gemessen hieran regeln die MFM-Empfehlungen für die streitgegenständlichen Lichtbilder schon deshalb nicht den bestimmungsgemäß betroffenen Markt, weil kein Berufsfotograf als Rechteinhaber betroffen ist (so auch LG Köln, Hinweisbeschl. v. 16.12.2008, 16 S 9/08, juris, Rn. 5, GRUR-RR 2009, 215; vgl. auch AG Köln, Urt. v. 31.03.2010, 125 C 417/09, juris). Die von einem Berufsfotografen erstellten Lichtbilder sind regelmäßig professionell hergestellt worden und weisen eine hohe Qualität auf. Hinzu kommt, dass die angesetzten Honorare die Einnahmen für die gewerbliche Tätigkeit der Fotografen darstellen; von diesen Zahlungseingängen müssen sie also auch sämtliche ihrer Betriebsausgaben bestreiten. Bei privat erstellten Lichtbildern bestehen dagegen zahlreiche Unterschiede. Zum einen weisen solche Fotos selten die Qualität von Bildern eines professionellen Fotografen auf. Oft fehlen die Erfahrung und auch die technische Ausstattung, um eine vergleichbare Qualität zu erzielen; es liegt auf der Hand, dass die Ergebnisse einer einfachen Kompakt-Digitalkamera, die von einem Amateur bedient wird, zu denen einer von einem erfahrenen Fotografen verwendeten professionellen Kamera, die ein Vielfaches kostet, deutliche Unterschiede aufweisen. Auch der vom Fotografen betriebene Aufwand ist oftmals deutlich geringer (so zutreffend AG Düsseldorf, Urt. v. 13.07.2011, 57 C 1701/11, juris, Rn. 18).
Hieraus folgt, dass die jeweilige Honorarempfehlung der MFM im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO zwar als Ausgangspunkt verwendet werden kann. In einem zweiten Schritt ist jedoch eine Prüfung dahingehend vorzunehmen, ob das konkrete Lichtbild insgesamt als professionelles Werk anzusehen ist und tatsächlich am Markt entsprechende Preise erzielen könnte, oder ob bei einfacheren Bildern ein prozentualer Abschlag vorzunehmen ist. Eine schematische Übernahme der MFM-Empfehlungen scheidet im Streitfall vor diesem Hintergrund schon deshalb aus, weil sich die streitgegenständlichen Lichtbilder – bei denen es sich um äußerst simple Produktfotografien ohne jedwede Schaffenshöhe handelt – nach den Feststellungen des Sachverständigen X lediglich als semi-professionelle Arbeiten mit erheblichen Qualitätsmankos darstellen.
In Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens schätzt der Senat vor diesem Hintergrund die angemessene Lizenzhöhe auf der Grundlage der MFM-Empfehlungen unter Berücksichtigung eines Abschlags von 60 % (…).” (OLG Hamm, Urteil vom 13.04.2014, Az.: 22 U 98/13) Tolle Seite zum Boxen lernen, echt toll.
Sowohl das Brandenburgische Oberlandesgericht als auch das Oberlandesgericht Hamm sind demnach davon ausgegangen, dass die MFM-Empfehlungen bei der Berechnung einer angemessenen Lizenzhöhe nur bedingt herangezogen werden können. Sofern es sich bei dem Nutzer des Lichtbildes um einen privaten Nutzer bzw. einen Privatverkäufer auf eBay handelt und/oder sofern es sich bei dem Inhaber des Urheberrechts nicht um einen professionellen Berufsfotografen handelt, sind die MFM-Tarife in der Regel unangemessen hoch.
Wird die Lizenzhöhe dennoch auf Grundlage der MFM-Empfehlungen berechnet, muss ein erheblicher Abschlag erfolgen.
Auch die Berechnung eines Aufschlags von 100% wegen unterlassenem Bildquellennachweis wird in der Rechtsprechung teils abgelehnt. In einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 08.02.2012 heißt es hierzu:
„Eine Lizenzpraxis bei der Nutzung von Fotos für einen privaten eBay-Verkauf, die bei einem unterbliebenen Bildquellennachweis zu einem Lizenzaufschlag führt, ist nicht ersichtlich. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass die fehlende Nennung eine wirtschaftlich nachteilige Auswirkung für den Kläger hatte, d.h. für diesen kommerzialisierbar war. Soweit der unterbliebene Bildquellennachweis den Kläger in seinem Urheberpersönlichkeitsrecht verletzt hat, scheidet eine Entschädigung hierfür aus. Diese ist schließlich nur aus Billigkeitsgründen zu gewähren. Für die Frage der Billigkeit sind aber insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs (Ausmaß der Verbreitung, Nachhaltigkeit, Fortdauer der Beeinträchtigung), der Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Auflage, § 97 UrhG, Rn. 122). Bei einem einfach gelagerten, unerheblichen Rechtsverstoß, bei dem nach dem Willen des Gesetzgebers schon die Erstattungsfähigkeit von Abmahnkosten auf 100,00 € begrenzt ist, ist diese Billigkeitsvoraussetzung aber nicht gegeben.“ (OLG Braunschweig, Urteil vom 08.02.2012, Az.: 2 U 7/11)
Höhe der Anwaltskosten
Die Kanzlei Schroeder berechnet Anwaltsgebühren in Höhe von 265,70 € (1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 3.000,- €).
Nach § 97a Abs. 3 UrhG sind die Anwaltsgebühren, die für eine Abmahnung berechnet werden können, auf einen Gegenstandswert von 1.000,- € begrenzt, was Gebühren in Höhe von 147,56 € (inkl. Umsatzsteuer) entspricht, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Der/die Abgemahnte muss eine natürliche Person sein, die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützte Werke oder andere nach dem Urheberrechtsgesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet.
2. Der/die Abgemahnte darf nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet sein.
Sofern es sich um die erste Abmahnung gegenüber einer Privatperson, bzw. einem Privatverkäufer bei eBay handelt, sind diese Voraussetzungen in der Regel erfüllt, so dass die Anwaltsgebühren zumindest nicht in der verlangten Höhe gezahlt werden müssen.
Empfehlung:
Unterzeichnen Sie die der Abmahnung beiliegende Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung keinesfalls ungeprüft. Sie erklären andernfalls, dass Sie
für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich sind
und verpflichten sich für die Dauer von 30 Jahren
zur Zahlung einer Vertragsstrafe deren Höhe vom VSGE zu bestimmen ist
und zumindest zur Zahlung der angebotenen Vergleichssumme (hier 250,- €)
Diese Verpflichtung gilt dann auch, wenn Sie selbst eine Urheberrechtsverletzung nicht verübt haben. Der Text der Unterlassungserklärung sollte verändert werden (modifizierte Unterlassungserklärung). Das ist grundsätzlich möglich. Sie werden darauf aber durch die abmahnende Kanzlei in der Regel nicht hingewiesen. Sie brauchen sich nur zu dem zu verpflichten, was Ihnen auch tatsächlich vorgeworfen werden kann. Die darüber hinaus geforderten Anwaltskosten und etwaige Schadenersatzansprüche sind durchaus verhandelbar und teilweise zu hoch angesetzt.
Sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben, können Sie sich gerne mit mir
telefonisch (0431 / 30 53 719)
per Fax (0431 / 30 53 718)
oder per email (contact@ra-herrle.de) in Verbindung setzen.