Aktuelles zur Pflegeversicherung - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

23. November 2010

Kieler Anzeiger

Aktuelles zur Pflegeversicherung

Bei der bevorstehenden Begutachtung einer pflegebedürftigen Person durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK), sollten verschiedene Punkte beachtet werden.
Zunächst sollte die Pflegeperson mit dem bevorstehenden Besuch des MDK vertraut gemacht werden. Dabei kann auch besprochen werden, was alles zur Sprache kommen soll. Sowohl die pflegebedürftige Person als auch die Angehörigen sollten wissen, daß während der Begutachtung über sehr persönliche Dinge gesprochen wird.So muß der MDK die von den Pflegepersonen geleistete Körperpflege erfragen, wobei der Intimbereich natürlich eingeschlossen ist. Wem dies peinlich ist und wer darauf hinweist, daß es „mir gar nicht so schlecht geht“, vermittelt dem MDK möglicherweise ein unzutreffend Bild von dem tatsächlich benötigten Pflegebedarf. Dies kann dazu führen, daß aus falscher Scham (was häufiger vorkommt) die Einordnung zumindest in die Pflegestufe 1 versagt wird. Wichtig ist daher, die Fragen des Gutachters wahrheitsgemäß zu beantworten. Die Pflegebedürftigen sollten sich weder zu „fit“ noch zu „träge“ darstellen. Wer „rüstiger“ erscheinen möchte als er ist, kann seine Ansprüche gegenüber der Pflegekasse ungewollt mindern.
Aber auch die Pflegeperson hat bestimmte Punkte zu beachten. Sie sollte über einen längeren Zeitraum (mindestens 14 Tage) alle Pflegetätigkeiten (einzelne Handlungen) und die dafür benötigten Zeiten (Minutenaufwand) festhalten (sogenanntes Pflegetagebuch). Je ausführlicher dies gemacht wird, desto besser. Wenn es zwischen dem tatsächlich erbrachten Pflegeaufwand und der Einschätzung des MDK zu Abweichungen kommt, muß der MDK dafür Gründe nennen. Auch sollten alle relevanten Unterlagen und Berichte von Ärzten und Pflegediensten sowie Bescheinigungen anderer Sozialleistungsträger und benötigte Medikamente bereit liegen. Natürlich sollte die Pflegepersonen auch während der Begutachtung anwesend sind, damit letztlich auch ihre Erfahrungen berücksichtigt werden können.
Selbst wenn der MDK rechtmäßig festgestellt haben sollte, daß der Pflegeaufwand unterhalb der Pflegestufe 1 liegt, besteht zwar kein Anspruch gegenüber der Pflegekasse. Möglicherweise kann aber ein Anspruch auf Zuschüsse vom Sozialamt geltend machen.
Wer der Ansicht ist, daß die Begutachtung des MDK unzutreffend ist und zumindest Pflegestufe 1 versagt wird, kann Widerspruch gegen diese Entscheidung einlegen. Es kann dann zu einem weiteren Gutachten kommen. Die Pflegeperson sollte aber unabhängig davon Kontakt mit dem Hausarzt suchen und diesen um Einschätzung der Lage bitten. Sinnvoll wäre es dabei, wenn die Situation der Pflegeperson dabei durch den Hausarzt dokumentiert werden würde. Hilft alles nichts, d.h. wird zumindest Pflegestufe 1 endgültig versagt, steht immer noch der Klageweg offen.
Rechtsanwalt Carsten M. Herrle