Das Internetarchiv: Blockieren oder Mitmachen - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

26. Oktober 2015

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Das Internetarchiv: Blockieren oder Mitmachen

 
Das Internetarchiv (Internet Archive) unter der Webadresse www.archive.org ist als „Gedächtnis des Internets bei vielen beliebt, für andere eher eine Last oder gar Bedrohung. Befürworter sehen darin eine „Zeitreise“ durch die Geschichte der Internetseiten, Gegner sehen datenschutz- und urheberrechtliche Probleme sowie vielfach auch Unannehmlichkeiten für Betroffene.
Was genau ist das Internet Archive?
Das Internetarchiv mit Sitz in San Francisco ist eine gigantische digitale Bibliothek. Seit 1996 werden hier täglich Websites in Form von Screenshots gespeichert – mittlerweile weit über 400 Milliarden. Auch Texte, Bilder und Videos findet man in dem Archiv. User haben also die Möglichkeit, über die Eingabe einer Internet-Adresse bzw. eines Suchwortes in der Vergangenheit gespeicherte Seiten und Dateien anzusehen, auch wenn die Seiten mittlerweile aus dem Internet gelöscht wurden. Man kann sogar ein spezielles Datum eingeben, um nach einem Inhalt zu einem bestimmten Zeitpunkt zu suchen – vorausgesetzt die Seite wurde an dem Datum gespeichert.
Für die Archivierung ist das Tool „Wayback Machine“ zuständig, das das Netz regelmäßig nach Seiten durchforstet. Wählerisch ist dieser Roboter dabei nicht. Wer nichts unternimmt, sieht seine Website wohl schon bald archiviert. Bilder werden im Archiv auf der jeweils gespeicherten Website nicht eingebunden, sondern erscheinen als Quelltext. Im Gegensatz zum Google-Cache werden auf www.archive.org regelmäßig (aktuelle) Versionen der einzelnen Webseiten gespeichert.
Blockieren der Wayback Machine sinnvoll?
Es gibt die Möglichkeit, die Wayback Machine zu blockieren, so dass die eigene Website nicht mehr gespeichert wird und alte Inhalte gelöscht werden. Dazu muss man in das Root-Verzeichnis des Webservers die Datei robots.txt setzen, welche die Parameter „User-agent: ia_archiver“ und „“disallow: /“ beinhalten muss. Eine einfache Anleitung findet sich unter http://www.fightcyberstalking.org/how-to-block-your-website-from-the-wayback-machine/.
Ob das Blockieren der Wayback Machine sinnvoll ist oder nicht, muss jeder für sich entscheiden. Folgendes sollte man aber wissen:
Das Internetarchiv bietet für seine Nutzer oft wertvolle Informationen für Forscher, Historiker und Lernwillige. Allerdings finden sich auch Inhalte, die so manchem, der mal etwas gepostet, geschrieben oder sonst veröffentlicht hat, was er nun bereut, unangenehm sind. Und: Mit der Archivierung sind auch etwaige Urheberrechtsverletzungen (oder andere) nachweisbar, etwa ein unerlaubt kopiertes Bild oder ein unerlaubt übernommener Text. Gut für Abmahner, die sogar die Nutzungsdauer anhand der jeweils letzten Änderung (teils bis 1996!) bestimmen können, schlecht dagegen für diejenigen, die (vielleicht auch unbewusst) eine solche Rechtsverletzung begangen haben. Schließlich haben bereits mehrere Gerichte den Nachweis mithilfe des Internet Archive anerkannt. Durch das Löschen der Inhalte allein ist das Veröffentlichte ja nicht automatisch aus dem Netz verbannt. Den Betreiber der Webseite kann der Abmahner relativ leicht herauskriegen, entweder über das Impressum oder über die DENIC bzw. durch eine Whois-Abfrage. Ist man sich aber sicher, dass man nichts zu verbergen hat und seinen Inhalt gerne mit der jetzigen und den nächsten Generationen teilen möchte, so ist der Verbleib im Internetarchiv immerhin im Interesse des Gemeinwohls zu sehen, sofern man über die hiesigen urheberrechtlichen Bedenken (Stichwort: Opt-out-Verfahren der Wayback Machine) hinwegsieht.