Mediation im Umweltrecht - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

23. November 2010

Ö-Punkte

Mediation im Umweltrecht

Eigentlich handelt es sich bei der seit einiger Zeit immer populärer werdenden Mediation um ein uraltes Verhandlungsverfahren, daß, wie so vieles, in den USA wiederbelebt und nunmehr auch Deutschland praktiziert wird. Da die Mediation als Methode selbst nicht auf bestimmte Bereiche beschränkt ist, findet sie gewissermaßen universelle Anwendung. So ist sie mittlerweile fester Bestandteil im Ehescheidungsrecht (zumindest für diejenigen, welche es sich leisten können), im Baurecht, und natürlich auch im Umweltrecht.Die Mediation ist dadurch gekennzeichnet, daß die im Widerstreit stehenden Parteien ihren Konflikt unter Beizug von Dritten außergerichtlich zu lösen versuchen. Anders bei einem gerichtlichen Verfahren, einer Schlichtung oder einem Vergleich sind die Parteien verantwortlich für die Ergebnisse. Die Mediation ist nur ein unterstützendes Hilfsmittel in Form von Verfahren, Methoden und Techniken zur Gesprächs- und Verhandlungführung. Die Mediation ist offen für alle Berufsgruppen. Als Mediator können Rechtsanwälte, Psychologen oder Pädagogen gleichermaßen tätig werden. Wichtig ist jedoch zu beachten, daß die Mediatoren selbst keinen Einfluß auf die zu treffenden Entscheidungen haben: diese liegen alleine in der Hand der Parteien. Darin steckt auch der enorme Vorteil dieses Verfahrens: Beide Parteien sollen Gewinner bleiben. Keine Partei soll am Ende den Eindruck haben, mit ihren Interessen zurückstehen zu müssen. Gerade im Hinblick auf komplexe Entscheidungen ist es daher offensichtlich, daß Mediatoren vor einer gewaltigen Aufgabe stehen. Wichtig ist dabei, daß, die Parteien selbst über die Dauer, den Inhalt und die Ziele der Mediation bestimmen können. Es geht nicht um die Erfüllung von Ansprüchen, sondern um die Befriedigung von Interessen. Eine Mediation kann daher auch nur unter bestimmten Umständen durchgeführt werden.

– Selbstverständlich beruht sie auf der Freiwilligkeit der Parteien; wer lieber seine Interessen in einem gerichtlichen Verfahren durchgesetzt sieht, wird sich nicht vollständig auf diese Methode einlassen sondern darauf spekulieren, daß im Zweifel bei einem Prozeß ein größerer Nutzen erzielt werden könnte.

– Aus diesem Grund muß die Beendigung der Mediation auch jederzeit möglich sein, wodurch der Eindruck zur Schließung eines vermeintlichen Kompromisses vermieden werden kann.

– Natürlich kann eine Mediation auch nur durchgeführt werden, wenn der Mediator selbst überparteilich ist. Es darf diesem nur darum gehen, eine von beiden Seiten zu akzeptierende Konfliktlösung zu erzielen.

Der Ablauf der Mediation unterteilt sich in verschiedene Phasen. Während einer sogenannten Eröffnungsphase trifft sich der Mediator mit den Parteien. Diesen wird zunächst das Verfahren der Mediation erklärt. Im Anschluß daran schließen die Parteien einen Mediationsvertrag, in dem die wichtigsten Punkte (Parteien, Aufgabe des Mediators, Honorar etc.) geregelt wird. Danach erfolgt die eigentliche Arbeit. Der Mediator muß zunächst Informationen zwecks Erfassung der Situation erlangen. Im Rahmen dieser gemeinsamen Erörterung der Sach- und Rechtslage bekommen die Parteien Gelegenheit, einander zuzuhören, wobei festgelegt wird, welche Themenbereiche bearbeitet werden sollen. Zeigen sich während der sich üblicherweise anschließenden Einzelgespräche Anhaltspunkte für eine mögliche Einigung der Parteien, können die Parteien auch wieder miteinander kommunizieren. Damit keine Partei den Eindruck hat, übervorteilt zu werden, wird versucht, die für die Parteien wichtigen Standpunkte zu analysieren und miteinander in Relation zu bringen. Jede Partei soll etwas bekommen, was ihm wichtig ist, ohne daß dem anderen etwas fehlt. Im Rahmen der Abschlußphase geht es um die Herstellung einer Gesamteinigung. Der Mediator muß herausfinden, ob tatsächlich alle aktuellen Streitpunkte beseitigt sind. Falls offensichtlich wird, daß keine Einigung herzustellen ist, können die Parteien auf ein Gerichtsverfahren zurückgreifen. Schießlich ist darauf zu achten, daß während einer Mediation nicht der Eindruck entstehen, der Ablauf sei vorherbestimmt.

Hinsichtlich der Umweltmediation gibt es verschiedene potentielle Einsatzmöglichkeiten:

– Im Erörterungstermin während des Planfeststellungsverfahren gemäß § 73 Abs.6 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)

– Gemäß § 5 des Gesetzs über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) bei der Durchführung des sogenannten "Scoping-Verfahrens", um die Planung eines Vorhabens mit den beteiligten Behörden, Sachverständigen und Dritten zu erörtern und diese über den Umfang des Vorhabens zu unterrichten.

– Gemäß § 4 b des Baugesetzbuches (BauGB)

Der Einsatz der Umweltmediation erscheint aber nur dann sinnvoll, wenn nicht um die Entscheidung geht, ob ein bestimmtes Projekt realisiert werden soll sondern darum, wie dieses Projekt realisiert werden soll. Nur im Rahmen der letztgenannten Alternative besteht Raum dafür, daß über die Frage der Notwendigkeit der Maßnahme Konsens besteht oder herzustellen ist. Einander diametral gegenüberstehende Interessen und "politische Auffassungen" sind nicht notwendigerweise mit der Mediation zu vermitteln. Die Mediation als Methode darf insoweit nicht überschätzt werden; sie dient nur als "Kommunikationsmittel". Den Willen zur Vermittlung müssen die Parteien selbst mitbringen. Letztlich muß auch bedacht werden, daß das Ergebnis der Mediation für sich genommen keine Bindungswirkung erzeugt. So können z.B. im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens letztlich ganz andere Entscheidungen getroffen werden, was sich für eine der beiden Parteien als sehr ernüchternd darstellen kann.

Rechtsanwalt Carsten M. Herrle, Kiel