Die nichteheliche Lebensgemeinschaft - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

23. November 2010

Kieler Anzeiger

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft

Noch immer gibt es nur wenige gesetzliche Regelungen zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Und noch immer wird sie im Vergleich zur Ehe deutlich unterschiedlich behandelt.
Die Rechtsprechung stellt nicht verheiratete Paare in einigen Fällen jedoch den Ehegatten gleich. So gilt etwa die deliktische Haftungsbegrenzung zwischen Ehepartnern außerhalb des Straßenverkehrs auch für nichteheliche Lebenspartner (§ 1359 BGB analog: nur Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten). Der überlebende Partner hat ein Eintrittsrecht in den Mietvertrag des verstorbenen Partners oder darf den Mietvertrag fortführen, wenn beide Hauptmieter waren. Ferner können nicht verheiratete Lebenspartner das Sorgerecht für die Kinder auch nach der Trennung gemeinsam ausüben. Schließlich gilt das Familienprivileg des § 86 Abs. 3 VVG nach einer Entscheidung des OLG Naumburg auch für die nichteheliche Lebensgemeinschaft unter bestimmten Voraussetzungen, die für eine der Ehe vergleichbare Verfestigung sprechen.
Der Gesetzgeber ist allerdings nicht konsequent: Zwar bleiben Privilegien wie z.B. steuerrechtliche Vorteile der ehelichen Lebensgemeinschaft vorbehalten, andererseits werden nichteheliche Lebensgemeinschaften bei staatlichen Leistungen wie Sozialhilfe und Arbeitslosengeld Verheirateten gleichgestellt.
Die wesentlichen finanziellen Nachteile der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind:
– Nichteheliche Lebenspartner werden steuerlich wie Einzelpersonen behandelt. Die Vorteile der gemeinsamen Veranlagung von Eheleuten zur Einkommenssteuer wird ihnen nicht gewährt.
– Nach dem Tod des Partners hat der andere Teil kein gesetzliches Erbrecht; ein Pflichtteilsanspruch steht ihm nicht zu. Nach einer Entscheidung des BGH vom 31.10.2007 kann der Erbe des verstorbenen Partners gegen den hinterbliebenen Zuwendungen innerhalb der nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich nicht zurückfordern, es sei denn, die Zuwendungen gehen auf Grund einer konkreten Zweckabrede über das hinaus, „was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht“ (so auch BGH XII ZR 39/06, Urteil v. 09.07.2008).
– Wird der überlebende Partner testamentarisch als Erbe eingesetzt, so stehen ihm bei der Erbschaftssteuer Freibeträge in Höhe von 20.000,00 € zu. Zum Vergleich: Ein Ehegatte kann gar 500.000,00 € geltend machen. Wenn der Nachlass diese Freibeträge übersteigt, verlangt das Finanzamt bei Unverheirateten zwischen 17 und 50 Prozent; bei Ehegatten zwischen 7 und 30 Prozent.
– Bei der Feststellung der Bedürftigkeit im Rahmen der Sozial- und Arbeitslosenhilfe wird die nichteheliche Partnerschaft einer Ehe gleichgestellt. Vorhandenes Einkommen wird insoweit berücksichtigt.
– Bei der nichtehelichen Partnerschaft gibt es keinen Anspruch auf einen Anteil an der Altersversorgung des verstorbenen Partners.
Dem können Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aber entgegenwirken, indem frühzeitig eine vertragliche Regelung über das Zusammenleben getroffen wird. Die Vorteile liegen auf der Hand: Vereinbarungen für den Fall der Auflösung der Beziehung oder den Tod des Partners können getroffen werden. Die Kosten der gemeinsamen Wohnung und die Haushaltsführung, das Eigentum an gemeinsam angeschafften Gütern, Rückzahlungsvereinbarungen eines gemeinsam aufgenommenen Kredits und Bank- bzw. Behördenvollmachten, all diese Dinge können geregelt werden. Unter bestimmten Bedingungen können auch Regelungen auf Unterhalt oder Abfindung vereinbart werden. Die Abtretung gesetzlicher Rentenansprüche ist davon aber natürlich ausgeschlossen.
Ein solcher Partnerschaftsvertrag sollte in jedem Fall schriftlich abgefasst werden. Wichtige zu regelnde Punkte können etwa sein:
– Sorgerecht für Kinder und Besuchszeiten
– Eigentumsrechte an gemeinsam angeschafften Gegenständen sowie Hausrat
– Unterhaltsleistungen
– Nutzungsrecht der Wohnung/des Hauses nach der Trennung
– etwaige Vollmachten für konkrete Geschäfte
– mögliche Entbindung von der Schweigepflicht