Prozeßkostenhilfe: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

23. November 2010

Tipps Kieler Anzeiger

Prozeßkostenhilfe: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Grundsätzlich kann jeder Prozesskostenhilfe beantragen. Um Prozesskostenhilfe aber auch zu erlangen, muss der Nachweis erbracht werden, dass die persönliche und wirtschaftliche Situation die Prozessführung nicht ermöglicht. Zudem muss für die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung eine hinreichende Erfolgsaussicht bestehen; sie darf nicht mutwillig erscheinen.
Wer erfüllt nun aber die wirtschaftlichen Voraussetzungen zur Erlangung von Prozesskostenhilfe? Dies orientiert sich grundsätzlich an dem einzusetzenden Einkommen. Folgendes Beispiel einer Familie mit zwei Kindern im Alter von 3 und 5 soll dies verdeutlichen:
Die Familie erzielt ein Nettoeinkommen von € 1.700,00 (bei Arbeitstätigkeit des Vaters und / oder der Mutter nach Abzug von Steuern, Werbungskosten, Vorsorgeaufwendungen …). Von diesem Nettoeinkommen sind bestimmte Freibeträge pauschal abzuziehen. Diese Freibeträge werden regelmäßig neu festgesetzt und können in der jeweiligen Prozesskostenhilfebekanntmachung (http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/pkhb_2012/gesamt.pdf) eingesehen werden. Ab dem 01. Januar 2012 gilt als Freibetrag
– € 411,00 für den Antragsteller und dessen Ehegattin
– für jede unterhaltsberechtigte Person
a) als Erwachsener € 329,00
b) als Jugendlicher vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres € 316,00
c) als Kind vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres € 276,00
d) als Kind bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres € 241,00.
Insgesamt summieren sich die Freibeträge bei dem obigen Beispiel auf € 1.304,00. Dieser Betrag wird nunmehr von dem Nettoeinkommen abgezogen. Es verbleiben € 396,00. In einem nächsten Schritt sind von den verbliebenen € 396,00 die Kosten der Warmmiete abzuziehen.
Würde die Warmmiete z.B. € 650,00 betragen, verbliebe ein „einzusetzendes Einkommen“ (http://www.mv-justiz.de/pages/pkh/pkh_ein_kom.htm) von € 254,00. Das Gericht ermittelt nun anhand einer Tabelle die Auswirkungen der Höhe des einzusetzenden Einkommens auf die Gewährung der Prozesskostenhilfe. Liegt das einzusetzende Einkommen unter € 15,00, wird Prozesskostenhilfe gewährt (soweit die anderen Voraussetzungen natürlich vorliegen), ohne dass der jeweilige Antragsteller mit monatlichen Rückzahlungsraten belastet werden würde. Liegt das einzusetzende Einkommen über € 15,00, wird Prozesskostenhilfe zwar gewährt. Der Antragsteller hat aber die Prozesskosten in monatlichen Raten (deren Höhe sich wiederum nach der Höhe des einzusetzenden Einkommens richtet) zurückzuzahlen.
In dem Beispielsfall müsste der Antragsteller mit einer monatlichen Ratenzahlung von € 95,00 rechnen, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Läge die Warmmiete lediglich bei € 550,00, müssten nur € 60,00 pro Monat gezahlt werden.