Das Mahnverfahren - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

23. November 2010

Kieler Anzeiger

Das Mahnverfahren

Wer versäumt hat, rechtzeitig eine Rechnung zu begleichen – gleich ob aus Vergeßlichkeit, Zahlungsunfähigkeit oder z.B. Abwesenheit wegen einer Urlaubsfahrt -, muß damit rechnen, daß der Vertragspartner den offenstehenden Betrag anmahnt. Zumeist geschieht das gleichzeitig mit der Bestimmung einer Zahlungsfrist. Wer innerhalb dieses Zeitraumes zahlt, dem dürfen für die Mahnung keine zusätzlichen Kosten oder Verzugszinsen in Rechnung gestellt werden. Es gibt aber auch Ausnahmen: Wenn der Zahlungstermin vertraglich kalendermäßig festgelegt war (z. B. Mietzahlungen, Ratenvereinbarungen), können die zusätzlichen Kosten für die Mahnung sogleich auf die noch offene Forderung aufgeschlagen werden.
Wenn der Schuldner die vertraglich festgelegte oder in der ersten Mahnung bestimmte Frist verstreichen läßt, ohne die Forderung zu begleichen, können ihm durch den Gläubiger alle zusätzlichen Kosten, welche mit der Durchsetzung der Forderung verbunden sind, aufgeschlagen werden.
Dabei handelt es sich zumeist um Zinsen. In der Regel können 4 Prozent Verzugszinsen geltend gemacht werden, ohne daß dafür ein besonderer Nachweis erbracht werden muß. Wird wegen der ausstehenden Forderung ein Bankkredit mit einem höheren Zinssatz in Anspruch genommen, können diese Kosten selbstverständlich dem Schuldner auferlegt werden. Sie müssen aber im Falle eines Prozesses nachgewiesen werden. Natürlich sind durch den Schuldner auch die Portokosten zu ersetzen.
Was weniger bekannt ist: Wird ein Rechtsanwalt mit der Durchsetzung der Forderung beauftragt, nachdem der Schuldner eine gesetzte Zahlungsfrist ungenutzt verstreichen ließ, können diesem die entstandenen Rechtsanwaltsgebühren auferlegt werden. Der Gläubiger muß daher nicht erst mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts warten, bis die Angelegenheit gerichtlich entschieden wird.
Wenn der Schuldner trotz Mahnung nicht zahlt, kann der Gläubiger seine Geldforderung mit einer Zahlungsklage oder, was in der Regel geschieht, im Wege des gerichtlichen Mahnverfahrens geltend machen. Für das Mahnverfahren gilt ein Formularzwang. Diese sog. Mahnbescheide können in Fachgeschäften erworben werden. Ordnungsgemäß ausgefüllt und beim zuständigen Amtsgericht nebst Zahlung einer halben Gerichtsgebühr, welche abhängig von der Höhe der offenen Forderung ist und die letztlich durch den Schuldner zu zahlen ist, erläßt das Amtsgericht den Mahnbescheid und stellt ihn dem Schuldner zu.
Ist der Schuldner der Ansicht, daß die geltend gemachte Forderung unrechtmäßig ist, kann er innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Mahnbescheides Widerspruch einlegen. Es hängt dann von dem Gläubiger ab, ob ein gerichtliches Klageverfahren eingeleitet werden soll.
Wird durch den Schuldner kein Widerspruch eingelegt, die offene Forderung aber dennoch nicht beglichen, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen, gegen den der Schuldner innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch einlegen kann. Wird kein Einspruch eingelegt, wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig. Der Gläubiger kann dann aus diesem sogenannten Titel Vollstreckungsmaßnahmen einleiten, z. B. den Gerichtsvollzieher mit einer Pfändung beauftragen.
Ist der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig geworden, muß der Schuldner die Gerichtskosten und gegebenenfalls alle Anwaltskosten für das Verfahren zu zahlen.
Rechtsanwalt Carsten M. Herrle