Grenzen der Beweislast bzgl. der im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

7. März 2014

Tipps Entscheidungen

Grenzen der Beweislast bzgl. der im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen

 
AG Charlottenburg, Urteil v. 14.02.2014, Az. 224 C 375/13
 
Das Amtsgericht Charlottenburg hatte in dieser Sache über Schadensersatzansprüche wegen eines auf einer Internet-Tauschbörse zugänglich gemachten Films zu entscheiden und wies die Klage eines Rechteinhabers vollumfänglich ab.
Eine Haftung des Beklagten scheide vorliegend aus, weil der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen sei und die Klägerin einen entsprechenden Beweis seiner Tätereigenschaft nicht führen konnte.
Das Amtsgericht Charlottenburg hat in seinen Entscheidungsgründen einer diesbezüglichen Beweislastumkehr ausdrücklich den Rücken gekehrt, denn ein

„Anschlussinhaber ist (…) prozessual nicht gehalten, die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen auch zu beweisen, um die tatsächliche Vermutung dafür, dass er für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, zu entkräften (LG München, Urteil vom 22.03.2013 – 21 S 28809/11, zitiert nach juris).“

Das Amtsgericht Charlottenburg führt demgemäß weiter aus, eine solche Beweislastumkehr sei

„mit der sekundären Darlegungslast ebensowenig verbunden wie eine über die prozessuale Wahrheitspflicht hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Kläger alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (LG München a.a.O.; OLG Köln MMR 2012, 549, 550). Die sekundäre Darlegungslast geht auch nicht so weit, dass der Anschlussinhaber durch eigene Nachforschungen aufklären müsste, wer Täter der Rechtsverletzung ist.“

Und weiter:

„Erst recht obliegt dem Anschlussinhaber nicht der Beweis des Gegenteils in dem Sinne, dass er sich bei jeder über seinen Internetzugang begangenen Rechtsverletzung vom Vorwurf der täterschaftlichen Begehung entlasten oder exkulpieren muss.“

Mit dem Vortrag des Beklagten, er habe den streitgegenständlichen Film nicht Dritten zur Verfügung gestellt und zudem hätten sowohl seine Ehefrau als auch seine beiden minderjährigen Kinder Zugang zu dem Internetanschluss gehabt, sei er seiner sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen. Denn hieraus ergebe sich bereits die ernsthafte Möglichkeit, dass die behauptete Rechtsverletzung auch von einem Dritten begangen worden sein könnte.
Im Rahmen der Beweisaufnahme haben zudem die klägerseits benannten Zeugen, die Ehefrau des Beklagten sowie seine beiden Söhne bekundet, auch sie hätten den streitgegenständlichen Film weder hochgeladen noch angesehen.
Insofern führte das Amtsgericht Charlottenburg in seiner Begründung zutreffend aus:

„Die tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit (…) wird erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs ergibt (OLG Köln MMR 2012, 549, 550; OLG München. Urteil vom 01_10.2012 – 6 W 1705/12).“

In seiner weiteren Begründung verneinte das Gericht zudem aufgrund des festgestellten Sachverhalts eine Haftung des Beklagten als Störer, denn ein Anschlussinhaber habe nicht bereits aufgrund häufig vorkommender Urheberrechtsverletzungen Anlass, Familienangehörige bei der Nutzung seines Anschlusses zu überwachen. Eine solche Störerhaftung ergebe sich auch nicht aus einer unzureichenden Absicherung seines Internetanschlusses, welcher unstreitig mit einer WPA2-Verschlüsselung gesichert war.
Das entsprechende Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg können Sie hier nachlesen (Urteil AG Charlottenburg).