Kanzlei Kraft fordert 169,70 Euro wegen unbefugter Parkplatznutzung in Pula / Kroatien - Rechtsanwaltskanzlei Herrle

3. März 2015

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Kanzlei Kraft fordert 169,70 Euro wegen unbefugter Parkplatznutzung in Pula / Kroatien

Kanzlei Kraft fordert 169,70 Euro wegen unbefugter Parkplatznutzung in Pula/Kroatien
Sind Parkplatzverstösse wirklich so teuer?
Worum geht es?
Bereits seit geraumer Zeit erhalten eine Vielzahl ehemaliger Kroatien – Urlauber Forderungsschreiben des Berliner Rechtsanwalts Patrick Kraft wegen eines angeblichen Parkplatzverstosses, welcher in Pula / Kroatien stattgefunden haben soll.
Wer ist Rechtsanwalt Patrick Kraft?
Rechtsanwalt Kraft war vor Gründung seiner Kanzlei bei der Berliner Anwaltskanzlei Denecke von Haxthausen tätig und dort auch mit der Versendungen von Abmahnschreiben wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen wegen Filesharings beschäftigt. Nach Auflösung der Kanzlei Denecke von Haxthausen, welche nunmehr unter der Bezeichnung Denecke Priess & Partner in Berlin tätig ist – und auch immer noch Abmahnschreiben versendet – begann Rechtsanwalt Patrick Kraft mit dem Versenden der Forderungsschreiben, angeblich im Auftrage der Firma Pula Parking d.o.o., welche in der Stadt Pula „die öffentlichen Stell- und Parplätze“ verwaltet und betreibt. Eine Vollmacht liegt den Forderungsschrieben nicht bei. Die Beauftragung wird lediglich anwaltlich versichert.
Was wird genau gefordert
Natürlich geht es – nur – um Geld.

In den unserer Kanzlei vorliegenden Schreiben des Rechtsanwalts Patrick Kraft wird die „widerrechtliche Parkplatznutzung“ wie folgt geschildert:
„In diesem Zusammenhang haben Mitarbeiter unserer Mandantin – Straevic Teofik und Sipek Sanja – als Zeugen beweissicher festgestellt und dokumentiert, dass Sie mit Ihrem Fahrzeug, mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, am (xxx) in der Straße C.prekornorskih brigada im Innenstadtbereich von Pula einen gebührenpflichtigen städtischen Parkplatz genutzt haben, ohne die dafür anfallende Parkgebühr entrichtet zu haben. Wird die jeweilige Parkscheingebühr (Stunden- oder Tagesgebühr) nicht oder nicht rechtzeitig entrichtet, so fällt gemäß der Verordnung des Bürgermeisters von Pula vom 16. Dezember 2009, Eintragungsnummer 2168/01-01-03-000334-09-02, die jeweilige Tagesparkscheingebühr an.“
Über eine „Halteranfrage“ wurden sodann die Adressdaten des mutmaßlichen Halters des PKW ermittelt.
Nach Auffassung des Rechtsanwalts Patrick Kraft aus Berlin hafte der Halter des jeweiligen Fahrzeuges „für die mit Ihrem Fahrzeug begangenen Parkverstöße. Maßgeblich hierfür ist das kroatische Recht. Die Verjährungsfrist für die geltend gemachte Forderung beträgt fünf Jahre.“
5jährige Verjährungsfrist?

Die von Rechtsanwalt Patrick Kraft genannte 5jährige Verjährungsfrist ist des Pudels Kern in dieser Angelegenheit. Wer mag sich schon erinnern, ob 2010 ein von ihm gesteuertes Fahrzeug an einer bestimmten Stelle geparkt wurde, ohne dass die dafür vorgesehenen Parkgebühren entrichtet wurden? Dass erst nach fast 4 Jahren eine Zahlungsaufforderung versendet wird, ist schon äußerst befremdlich. Betroffene sollten sich daher in jedem Fall immer auf die
Verwirkung und Verjährung

des streitgegenständlichen Anspruches berufen.
Ein Anspruch ist verwirkt, wenn er zwar innerhalb des Verjährungszeitraumes eingeht, jedoch ein erheblicher Zeitraum seit der angeblichen Verletzungshandlung vergangen ist und „besondere Umstände“ hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Gründe, warum die Forderungsschreiben nicht früher versendet wurden, sind jedenfalls nicht von Rechtsanwalt Kraft vorgetragen worden.
Ob tatsächlich die geltend gemachte 5jährige Verjährungsfrist auch in Deutschland angewendet werden kann, wenn vor einem hiesigen Gericht versucht wird den Anspruch durchzusetzen, wird abzuwarten sein.
Berechnung der Anwaltskosten durch Rechtsanwalt Patrick Kraft

Interessant sind aber auch die von Rechtsanwalt Patrick Kraft vorgenommene Berechnung der „Rechtsverfolgungskosten“.
Rechtsanwalt Kraft führt in seine Berechnung wie folgt ein:
„Die dadurch entstandenen Gesamtkosten, die Sie aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu tragen haben, setzen sich – berechnet nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)“ (…).
Selbst wenn angenommen werden würde, es würde Verzug bestehen (das wäre der Fall, wenn tatsächlich der betreffenden Person eine Art „Strafzettel“ für das unerlaubte Parken zugegangen war, diese jedoch nicht reagiert hatte), dann ist immer noch nicht nachvollziehbar, wie sich die nachfolgend geltend gemachten Beträge zusammensetzen.
Die von Rechtsanwalt Kraft vorgenommene Berechnung lautet wie folgt:
Tagesparkscheingebühr: Euro 13,40
Rechtsverfolgungskosten: Euro 151,20
Auslagen: Euro 5,10
Endsumme: Euro 169 70
Fraglich ist, wie Rechtsanwalt Kraft die Rechtsverfolgungskosten berechnet. Offensichtlich soll die Tagesparkscheingebühr, welche nicht entrichtet wurde, der sogenannte Streitwert sein. Dann würden sich Anwaltskosten nach dem seit dem 01.08.2013 geltenden RVG auf Euro 83,54 belaufen und nicht auf Euro 151,20. Würden das vor dem 01.08.2013 geltende RVG zugrunde gelegt, lassen sich sogar nur Euro 46,41 berechnen. Aber wie kommt Herr Kraft nur auf Euro 151,20 ? Auch die übrigen Positionen sind nicht nachvollziehbar. Wie setzen sich die geltend gemachten Auslagen zusammen? Soll damit eine Einwohnermeldeamtanfrage (EMA) gemeint sein? Und ob die Tagesparkscheingebühr tatsächlich Euro 13,40 betrug? Wer weiss das schon ?
Eigene Internetseite www.pulaparking.hr

Anscheinend ist diese Art der kroatischen Geldeintreiberei mit Hilfe eines deutschen Anwaltes so lukrativ, dass sogar eine eigene Internetseite betrieben wird, um angebliche Parkplatzsündiger zur Zahlung zu bekehren: www.pulaparking.hr.
Dort finden sich folgende Hinweise:

„AlLGEMEINE HINWEISE IN BEZUG AUF DIE NICHTERFÜLLUNG DER ZAHLUNGSPFLICHT DER PARKGEBÜHR FÜR FAHRZEUGE MIT DEUTSCHEN KENNZEICHEN IN DER STADT PULA (Kroatien)
Die Stadt Pula (Kroatien) verfügt über zahlreiche Parkraumbewirtschaftungszonen. Viele städtische, öffentliche Parkplätze (ähnlich wie in Deutschland) sind damit gebührenpflichtig. Je nach Standort des Parkplatzes fallen unterschiedliche Parkscheingebühren an.
Wird die jeweilige Parkscheingebühr (Stunden- oder Tagesgebühr) nicht oder nicht rechtzeitig entrichtet (Parkplatzverstoß), so fallen gemäß der Verordnung des Bürgermeisters von Pula vom 16. Dezember 2009, Eintragungsnummer 2168/01-01-03-00-0334-09-02, die folgenden Tagesparkscheingebühren an:
100,00 Kune – gelbe Zone
130,00 Kune – rote Zone
160,00 Kune – weiße Zone.
Angelegenheiten, die im Zusammenhang mit den Parkraumbewirtschaftungszonen stehen, werden von der Pula parking d.o.o., einer kroatischen Gesellschaft des Privatrechts mit Sitz in Pula (Kroatien), verwaltet und bearbeitet. Die Pula parking d.o.o. ist durch die Entscheidung der Stadt Pula vom 16. Dezember 2009, veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Pula Nr. 21/09, insbesondere dazu ermächtigt worden, die anfallende Parkscheingebühr aus solchen Parkplatzverstößen geltend zu machen.
Daher kontrollieren Mitarbeiter der Pula parking d.o.o. in regelmäßigen Zeitabständen die Gültigkeit der Parkscheine. Stellen sie einen Parkplatzverstoß fest, wird dieser beweissicher dokumentiert. Bereits mit der Feststellung des Parkplatzverstoßes gerät der Verkehrsteilnehmer mit seiner Zahlungspflicht in Verzug. Der Verkehrsteilnehmer erhält jedoch kulanzhalber Gelegenheit, innerhalb von acht Tagen die Tagesparkscheingebühr zu entrichten. In der Regel geschieht dies durch Anbringung einer Zahlungsaufforderung an die Windschutzscheibe des Fahrzeugs durch den zuständigen Mitarbeiter der Pula parking d.o.o. Hinweis: Bei festgestelltem Parkplatzverstoß durch einen Mitarbeiter der Pula parking d.o.o. ist der Verkehrsteilnehmer dafür verantwortlich, dass die Zahlungsaufforderung an seinem Fahrzeug nicht beschädigt oder vernichtet wird. Ebenso verhält es sich, wenn die Zahlungsaufforderung verloren geht (Beweislastumkehr).
Das streitige Rechtsverhältnis richtet sich nach kroatischem Recht. Hiernach haftet der Fahrzeughalter für den vom Fahrer oder Halter abgeschlossenen Parkplatzvertrag durch das Nutzen der öffentlichen Parkplätze in der Stadt Pula.
Die Verjährungsfrist für die geltend gemachten Forderungen beträgt fünf Jahre.
Die Pula parking d.o.o wird in Deutschland allein durch die Rechtsanwaltskanzlei Kraft, Kurfürstendamm 103/104, 10711 Berlin, vertreten. Sie ist insbesondere als einzige Rechtsanwaltskanzlei in Deutschland damit betraut worden, Forderungen aus oben genannten Parkplatzverstößen gegen Halter von in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen geltend zu machen. Sie ist zudem berechtigt, Zahlungen für die Pula parking d.o.o entgegen zu nehmen.
Die Auskunft über die Halterdaten wird auf Antrag der Pula parking d.o.o., vertreten durch die vorgenannte Rechtsanwaltskanzlei Kraft, für in Deutschland zugelassene Fahrzeuge in einem dafür vorgesehenen Auskunftsverfahren erteilt.
Hinweis: Wird der Zahlungsaufforderung der Rechtsanwaltskanzlei Kraft nicht vollständig und fristgerecht nachgekommen, muss mit einer kostenintensiven gerichtlichen Auseinandersetzung gerechnet werden.
Dies kann durch vollständige und fristgerechte Zahlung vermieden werden. Die Angelegenheit ist dann erledigt.“
Diese Art der Rechtfertigung zur Durchsetzung von Parkgebühren ist schon befremdlich. Der Stil ähnelt stark Abmahnschreiben, wie sie in Filesharing-Angelegenheiten gang und gäbe sind.

Wie soll nun der Empfänger einer solchen Nachricht damit umgehen?

Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, sollte sich mit der Versicherung in Verbindung setzen und um Deckungsschutz bitten. Das lohnt sich zwar erst, wenn die Gesamtkosten eines etwaigen Rechtsstreites den sogenannten Selbstbehalt übersteigen (in der Regel 150,- Euro). Dennoch wird auf diese Weise ein hohes Kostenrisiko in einer streitigen Verhandlung eingedämmt. Wer keine Rechtsschutzversicherung hat, kann prüfen, ob bei ihm die Voraussetzungen zur Beantragung von Beratungshilfe (aussergerichtliche Angelegenheit) oder Prozesskostenhilfe (gerichtliches verfahren) vorliegen. Auch dann können die Risiken einer streitigen Verhandlung eingedämmt werden.
Ohne weitere Prüfung den geltend gemachten Betrag zu zahlen, kann nicht empfohlen werden, solange Rechtsanwalt Kraft seine eigene Kostenrechnung in dieser Höhe berechnet. Zumindest diese Kosten sind nicht nachvollziehbar.
Letztlich wäre es Stadt PULA zu gönnen, wenn Urlauber mit einem deutschen Kennzeichen an ihrem KfZ zukünftig in einer Nachbargemeinde ihren PKW abstellen oder PULA ganz meiden.

Sollten Sie ein solches Schreiben erhalten haben, können Sie mir gerne eine Anfrage per email (ra.herrle@t-online.de) zukommen lassen.